Heimische Rattenarten in Deutschland bestimmen
Seit Jahrtausenden gelten Ratten als sich rasant vermehrende Schädlinge. Die Nager kommen weltweit in allen Klimazonen und Lebensbereichen vor. Heimische Rattenarten gibt es in Deutschland nur zwei: die Wanderratte und die vom Aussterben bedrohte Hausratte.
Auf den Punkt gebracht
- zwei heimische Rattenarten: Hausratte und Wanderratte
- unterscheiden sich deutlich in Aussehen und Lebensraum
- Wanderratten deutlich größer und schwerer
- leben vorzugsweise in der Kanalisation und an Gewässern
- Hausratten fast ausschließlich in Gebäuden zu finden
Inhaltsverzeichnis
Wanderratte (Rattus norvegicus)
Schätzungsweise 95 Prozent aller Ratten in Deutschland gehören dieser auch als Kanalratte bezeichneten Art an. Wanderratten sind hierzulande erst seit ca. 200 Jahre heimisch und haben mittlerweile aufgrund ihrer rasanten Vermehrungsrate und der Bevorzugung von unterirdischen Lebensräumen ursprünglich heimische Rattenarten wie die Hausratte fast vollständig verdrängt. Wie viele Wanderratten es konkret gibt, weiß niemand so genau: Schätzungen gehen von Zahlen zwischen einer bis vier Ratten pro menschlichem Einwohner aus.
- bis zu 350 Millionen Ratten in Deutschland
- Träger zahlreicher gefährlicher Krankheitserreger
- Rattenflöhe als Verursacher der großen historischen Pestepidemien
- übertragen aber auch Cholera, Typhus, Ruhr, Tuberkulose, Toxoplasmose, Hepatitis oder das gefürchtete Hantavirus
Hinweis: Aufgrund dessen ist ein Rattenbefall in Deutschland meldepflichtig. Entdecken Sie Rattenkot oder gar eine Ratte, so sollte das für Ihre Gemeinde oder Kommune zuständige Ordnungs- und Gesundheitsamt informiert werden.
Vorkommen & Lebensraum
Ursprünglich in Asien beheimatet, haben sich Wanderratten durch ihre Wanderbewegungen heute fast weltweit verbreitet. Sie leben hauptsächlich in menschlicher Nähe – hier findet sich besonders viel Nahrung – sowie an Gewässern. Als ursprünglicher Bewohner von Erdbauten besiedelt die Wanderratte besonders unterirdische, feuchte Hohlräume wie etwa Abwasserkanäle. Darüber hinaus kommt sie beispielsweise in Kellern und Ställen vor.
Aussehen
In ihrem Aussehen unterscheiden sich Wanderratten deutlich von den selteneren Hausratten. Sie sind deutlich größer und schwerer, zudem sind ihre Ohren kleiner.
- Körperlänge: 20 bis 28 Zentimeter
- Schwanzlänge: bis ca. 21 Zentimeter, knapp körperlang
- Färbung: braungrau bis braunschwarz, Schwanz nackt
- Gewicht: 200 bis 400 Gramm, selten bis 500 Gramm
Hinweis: Wanderratten bekommen Sie nur sehr selten zu Gesicht, da sich die Tiere in menschlicher Nähe nur nachts zeigen. Innerhalb von Häusern kommen übrigens fast ausschließlich Hausratten vor, da sich Wanderratten bevorzugt außerhalb von bewohnten Behausungen aufhalten.
Lebensweise
Wanderratten leben als Großfamilie in großen Rudeln, die bis zu 60 Mitglieder umfassen können und ein bestimmtes Territorium für sich beanspruchen. Die Rudelmitglieder erkennen sich am charakteristischen Familiengeruch, sodass fremde Wanderratten sofort erkannt und angegriffen werden.
- Weibchen eines Rudels zeitgleich fruchtbar
- pro Wurf zwischen sechs und acht Junge
- werden innerhalb von nur drei Monaten selbst geschlechtsreif
- nach lediglich drei Wochen ist Nachwuchs weitgehend selbstständig
- Muttertier erneut empfangsbereit
- pro Weibchen und Jahr bis zu 500 Nachkommen (inklusive einer Enkelgeneration)
Wanderratten sind überwiegend dämmerungs- und nachtaktiv. Zudem können sie hervorragend schwimmen, tauchen und auch klettern.
Hinweis: Ratten können sich erstaunlich schmal machen. Grundsätzlich ist keine Lücke zu klein, denn wo ein Rattenkopf durchpasst, zwängt sich auch der Rest des Körpers problemlos hindurch.
Futter
Wanderratten sind Allesfresser, die zwar pflanzliche Nahrung bevorzugen, aber auch Aas und frisches Fleisch bzw. Fisch nicht verschmähen. Am liebsten fressen die Tiere kohlehydratreiche Getreide, aber auch junge Pflanzenknospen und -triebe sowie verschiedene Früchte und Nüsse. Außerdem leben Wanderratten gelegentlich räuberisch und erbeuten etwa Vogeleier, Jungvögel, Mäuse oder Amphibien. Gerne suchen sie sich auch in menschlichen Abfällen ihr Futter, weshalb etwa auch das Entenfüttern in Parks mittlerweile verboten ist. Das verfütterte Brot lockt die getreideliebenden Ratten geradezu an.
Kot
Da lebende Ratten nur selten gesichtet werden, erkennen Sie einen Rattenbefall zumeist am Kot. Da die Tiere keine festen Kotablageplätze haben, können sich die Hinterlassenschaften fast überall finden. Zudem wird sowohl der Kot als auch der Urin zur Markierung des Reviers benutzt, weshalb Köttel auf exponierten Plätzen – beispielsweise auf erhöhten Steinen – keine Seltenheit sind.
- frischer Kot: weich, dunkel-glänzend
- alter Kot: gräulich, matt, krümelig
- durchschnittlich ca. zwei Zentimeter lang
- abgerundete Enden
- spindel- oder kegelförmig
Hinweis: Wanderratten leben nicht nur in der Kanalisation, sondern graben selbst auch Erdbauten mit einer oder mehreren Öffnungen. Diese finden sich oft unter Böschungen oder Gehwegplatten, unter dichten Bodendeckern und an Mauern.
Hausratte (Rattus rattus)
Wie die Wanderratte ist auch die Hausratte ein Überträger vieler für den Menschen gefährlicher Krankheiten und wird daher als Schädling angesehen. Allerdings sind die Bestände dieser heimischen Rattenart seit dem Vordringen der Wanderratte stark zurückgegangen, sodass die Hausratte mittlerweile auf der Roten Liste bedrohter Arten steht.
Vorkommen & Lebensraum
Auch die Hausratten stammt ursprünglich aus den tropischen Regionen dieser Erde und hat sich zumeist über den Schiffsverkehr in fast der ganzen Welt verbreitet. Deshalb trägt diese Art auch den Beinamen Schiffsratte. In Europa ist die Hausratte schon seit etwa 2000 Jahren heimisch. Im Gegensatz zu Wanderratten sind Hausratten vornehmlich in menschlichen Behausungen zu finden, wo es trocken und warm ist. Sie nisten sich vor allem auf Dachböden, in Kellern sowie in Zwischenwänden ein. Draußen hingegen sind sie seltener anzutreffen, weshalb Sie bei Ratten im Garten davon ausgehen können, dass es sich um Wanderratten handelt.
Aussehen
Im Vergleich sind Hausratten viel kleiner und schmaler als Wanderratten, zudem haben sie größere Augen und Ohren, eine spitzere Schnauze sowie einen längeren Schwanz. Der ebenfalls nackte Schwanz von Hausratten ist meist länger als der eigentliche Körper.
- Körperlänge: 17 bis 22 Zentimeter
- Schwanzlänge: bis ca. 23 Zentimeter
- Färbung: braungrau über dunkelbraun bis schwarz
- Gewicht: bis ca. 250 Gramm
Hinweis: Hausratten unterscheiden sich nicht nur in ihrem Aussehen von Wanderratten. Sondern auch hinsichtlich ihres Lebensraums und ihrer Ernährungsweise weisen die beiden heimischen Rattenarten Unterschiede auf.
Lebensweise & Futter
Auch Hausratten gehören zu den Allesfressern, verzehren jedoch nur selten tierische Nahrung. Die Tiere fressen vor allem Getreide, Früchte und Gemüse sowie Samen und Nüsse. Hausratten leben ebenfalls in Gruppen, deren Sozialstruktur allerdings nicht so ausgeprägt wie die der Wanderratten ist. Ein einziges Weibchen bringt pro Wurf zwischen sechs und zwölf Junge zur Welt – und das bis zu sechsmal im Jahr. Wird ein Rattenbefall festgestellt, ist dieser oft schon sehr massiv. Hausratten sind, wie Wanderratten, vornehmlich nacht- und dämmerungsaktiv. Auch sie können hervorragend klettern und schwimmen.
Kot
Da Hausratten immer in Bewegung sind, legen sie ihren Kot nicht an einer zentralen Stelle ab. Stattdessen verteilen sie ihn auf einer größeren Fläche dort, wo sie vornehmlich leben: auf Dachböden, in Kellern, Getreidespeichern, Ställen, Schuppen etc.
- frischer Kot: hell- bis mittelbraun
- alter Kot: verfärbt sich dunkler
- durchschnittlich ein bis zwei Zentimeter lang
- ähneln gebogenen Würsten
- spitz zulaufende Enden
Hinweis: Fassen Sie Ratten- und auch Mäusekot niemals mit bloßen Händen an und tragen Sie bei der Entfernung einen Mund-Nasen-Schutz. Die Krankheitserreger befinden sich im Kot und können zum Beispiel durch Einatmen übertragen werden.
Häufig gestellte Fragen
Heimische Rattenarten sind tatsächlich nur die beiden hier aufgeführten Arten. Die Bisamratte ist, auch wenn eine gewisse Ähnlichkeit mit der Wanderratte nicht zu verleugnen ist, zoologisch gesehen keine Ratte, sondern eine Wühlmaus. Im Gegensatz zu den Ratten übertragt sie zudem keine Krankheiten.
Ratten werden vor allem durch heimische Räuber wie etwa Marder, Iltis, Uhu und Eulen. Auch Katzen jagen Ratten erfolgreich sowie auch manche Hunderassen (etwa Jack-Russell-Terrier). Als ein probates Mittel gegen eine Rattenplage gilt (benutzte) Katzenstreu, die auf den Laufwegen der Nager ausgelegt wird. Wo es viele Katzen gibt, treten Ratten in der Regel nicht auf.
Die als Haustiere beliebten Farbratten sind Zuchtformen der Wanderratte. Im Gegensatz zu dieser weisen Farbratten verschiedenartige Fellfärbungen auf, sind sanftmütiger, leicht zu zähmen und, besonders wichtig, keine Träger von gefährlichen Krankheitserregern.