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Kermesbeere, Phytolacca – Ist sie essbar oder gar giftig?

Ist die Kermesbeere giftig

Zahlreiche schwarze Früchte zieren die Kermesbeere. Insgesamt finden sich bis zu 35 Arten der Gattung auf der ganzen Welt, von der jedoch keine in Mitteleuropa wirklich heimisch ist. in den letzten Jahrzehnten hat sich die Amerikanische Kermesbeere (bot. Phytolacca decandra) als Neophyt eingebürgert und ist vor allem immer häufiger in Süddeutschland zu finden. Wer das Gewächs nicht selbst im Garten hält, fragt sich, ob Kermesbeeren giftig oder doch essbar sind.

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Ist die Kermesbeere giftig?

Ja, das „Pokeweed“ zählt zu den giftigen Gewächsen, was an der hohen Menge der enthaltenen Inhaltsstoffe liegt. Jedoch ist es wichtig zu wissen, in welchen Pflanzenteilen sich die größte Menge toxischer Stoffe finden lässt. Kermesbeeren wurden auf diese gründlich erforscht und die folgende Reihenfolge der einzelnen Pflanzenteile in Bezug auf ihre Giftigkeit aufgestellt:

  • Giftgehalt in den Wurzeln am höchsten
  • Blätter
  • Stamm
  • Beeren (unreif)
  • Beeren (reif)

Ausgereifte Beeren weisen demnach den geringsten Giftgehalt auf und sind nicht so gefährlich wie andere Pflanzenteile, wenn diese verzehrt werden. Der Giftgehalt zwischen den unreifen und reifen Beeren unterscheidet sich deutlich. Der Grund: die Samen. Die Samen der unreifen Früchte enthalten mehr Giftstoffe, was sie im frühen Stadium besonders gefährlich macht. Da die unreifen Früchte hellgrün sind, ist es nicht so schwer, diese voneinander zu unterscheiden.

Phytolacca Acinosa Indische Kermesbeere

Inhaltsstofe

Die folgende Übersicht erklärt die einzelnen Inhaltsstoffe der Pflanze, die für die toxische Wirkung verantwortlich sind:

Phytolaccagenin

  • für das Aroma der Pflanze zuständig
  • nehmen direkten Einfluss auf das Cholesterin im Körper und können rote Blutkörperchen auflösen
  • charakteristischer Seifengeschmack
  • wirksamer Schutz vor Fressfeinden, da die Bitterstoffe Phytolacca häufig ungenießbar machen

Lektine

  • sind Makromoleküle, die aus Proteinen und Kohlehydraten bestehen
  • führen bei erhöhtem Verzehr zu zahlreichen Stoffwechselproblemen
  • können sich sogar direkt auf das Immunsystem auswirken
  • Besonders Kleinkinder dadurch großen Vergiftungsgefahren ausgesetzt

Phytolaccarot

  • wasserlöslicher Farbstoff
  • sorgt für rötliche bis schwarze Färbung der Beeren
  • an sich nicht giftig
  • ebenfalls in Pflanzen wie Roter Bete (bot. Beta vulgaris subsp. vulgaris)

Tipp: Aufgrund der intensiven Farbe wurde die Kermesbeere früher als Färbemittel für allerlei Zwecke verwendet. Vor allem Wein, Backwaren und Liköre wurden mit dem Saft der Beeren eingefärbt, obwohl dies heute nicht mehr zu empfehlen ist. Aus diesem Grund sollten Sie bei der Pflege der Pflanzen darauf achten, nicht aus Versehen die reifen Beeren zu zerdrücken. Dadurch können Sie Kleidung und Oberflächen dauerhaft verfärben.

Oxalsäure

  • ist eine Dicarbonsäure, die in zahlreichen Gewächsen vorkommt
  • z. B. in Rhabarber (bot. Rheum rhabarbarum), Amarant (bot. Amaranthus caudatus) und zahlreichen Genussmitteln wie Tee oder Schokolade
  • kann auf Dauer zu vielen gesundheitlichen Problemen führen
  • verhindert die Aufnahme von Eisen und Kalzium
  • führt bei langfristigem Verzehr zu Problemen mit Gewebe und Herzen
  • kann in besonders schwerwiegenden Fällen zu Lähmungserscheinungen und bei Aufnahme von 600 Milligramm auf ein Kilogramm Körpergewicht zum Tod führen
  •  sorgt zudem für die Bildung von Nierensteinen durch Calciumoxalat

Sorten

Es ist egal, welche Sorten der Kermesbeerengewächse Sie anpflanzen wollen, alle enthalten die gleichen Inhaltsstoffe. Bei einzelnen Arten, zum Beispiel der Indischen Kermesbeere (bot. Phytolacca acinosa), verteilen sich die Stoffe jedoch. Die Indische Kermesbeere ist die Art mit dem geringsten Giftanteil, ausschließlich  deren Wurzeln und Samen enthalten giftige Inhaltsstoffe. Die Blätter wurden in Ostasien sogar als Gemüse verwendet. Das macht die Pflanze jedoch nicht weniger gefährlich, ist für Interessierte jedoch eine Alternative zu den giftigeren Vertretern. Insbesondere die Amerikanische Kermesbeere ist zu meiden, da diese den höchsten Giftanteil der Gattung aufweist.

Kermesbeere Phytolacca acinose
Indische Kermesbeere Phytolacca acinose

Tipp: Gegen Schnecken bietet sich das Anpflanzen von Phytolacca acinosa an. Da Schnecken äußerst empfindlich auf die Inhaltsstoffe der Kermesbeerengewächse reagieren, diese aber verzehren, können sie auf natürliche Weise bekämpft werden, solange keine Haustiere oder kleinen Kinder im Garten oder Gemüsebeet spielen.

Wirkung auf Menschen

Auf den Menschen haben die Kermesbeeren schon nach dem Verzehr weniger Pflanzenteile eine deutliche Wirkung. Vor allem Kinder, Senioren und empfindliche Menschen sind davon betroffen, da die Giftstoffe stärker auf den Körper einwirken. Nach dem Verzehr treten je nach Menge und Art der gegessenen Pflanzenteile die folgenden Symptome auf:

  • Magen-Darmbeschwerden
  • Übelkeit
  • Erbrechen
  • Durchfall
  • Krampfanfälle
  • Atemnot
  • Atemlähmungen
  • Kreislaufbeschwerden
  • Schock

Achten Sie zudem auf den Pflanzensatz. Nach einem Schnitt oder Pflegeschritten sollten Sie niemals ihre Schleimhäute, vor allem die Augen, berühren. Die toxischen Inhaltsstoffe reizen diese, ebenso wie die Haut. Tragen Sie aus diesem Grund unbedingt Handschuhe, wenn Sie die Pflanze pflegen. Denn die Atemlähmungen, Schocks und Kreislaufbeschwerden können sogar zum Tod führen. Eine letale Dosis ist nicht bekannt, da das Gift von jeder Person anders verarbeitet wird. Jedoch ist die Menge der reifen Beeren bekannt, ab denen erste Symptome auftreten:

  • Kinder: 5 bis 8
  • Erwachsene: ab 10

Schon nach dem Verzehr eines kleinen Wurzelstücks oder Blattes kann es zu Vergiftungen kommen. Falls Sie Kermesbeeren in Ihrem Garten anpflanzen wollen, sollten Sie sich das gut überlegen, da die Beeren ähnlich wie Brombeeren aussehen. Gerade Kleinkinder verwechseln diese und stecken sich diese in den Mund. Zwar wird sie der bittere Geschmack abschrecken, jedoch werden sie schnell verschluckt. Da sich das Gewächs nur schwer wieder entfernen lässt, ist entweder auf eine Kermesbeere im Garten zu verzichten oder diese so zu platzieren, dass Ihre Schützlinge diese nicht erreichen und die Beeren nicht vom Boden sammeln können.

Kermesbeere Phytolacca Americana Früchte
Amerikanische Kermesbeere

Erste Hilfe

Kommt es doch einmal zu einer Vergiftung, sollten Sie wie folgt handeln:

  • nicht zum Erbrechen bringen
  • 1 Glas Flüssigkeit (Tee, Wasser) verabreichen
  • Giftnotrufzentrale kontaktieren
  • diese helfen bei der Einschätzung der Gefahr
  • alternativ Aktivkohle verabreichen

Je nach Absprache mit dem Giftinformationszentrum ist die Konsultierung eines Arztes notwendig. Bei hohen Mengen wird häufig eine Magenentleerung empfohlen. Falls Atemnot, Schock oder Probleme mit dem Kreislauf auftreten, unbedingt den Notarzt und die Giftinformationszentrale nacheinander anrufen. Dadurch gehen Sie auf Nummer sicher.

Tipp: Die Giftstoffe der Pflanze sind ebenfalls als Tee wirksam. Daher sollten Sie niemals auf die Idee kommen, die Blätter als Tee aufzugießen, da sie nach dem Aufgießen nicht ihre Giftstoffe verlieren.

Wirkung auf Tiere

Kermesbeeren sind hauptsächlich giftig für Säugetiere, was Sie ebenfalls für Ihre Haus- und Hoftiere gefährlich macht. Tiere vergiften sich dabei auf die gleiche Weise wie Menschen und für sie sind ebenfalls die Wurzeln besonders gefährlich. Große Tiere wie Pferde oder Kühe vertragen die Beeren etwas besser als andere Arten, jedoch sollten Sie darauf achten, Haus- und Hoftiere von der Kermesbeere fernzuhalten. Hier eine Übersicht über die Symptome, die bei den Tieren auftreten können, wenn sie Teile der Pflanze verzehrt haben:

  • erhöhter Speichelfluss
  • Erbrechen
  • Durchfall, seltener blutig
  • Magen-Darm-Beschwerden
  • Anämie
  • Atemstörungen- und Lähmungen bis zum Tod
  • lethargisches Verhalten
  • Appetitlosigkeit
  • niedriger Blutdruck
  • Kreislaufprobleme
  • Krampfanfälle
  • Schleimhautentzündungen
  • Hautentzündungen bei Tieren ohne Fell

Theoretisch alle Ihrer Tiere können diese Symptome erleiden, wenn Sie von der Pflanze naschen. Pferde und andere große Organismen sterben aufgrund ihrer Körpermasse selbst nach dem Verzehr höherer Mengen nicht, außer sie leiden schon an anderen Krankheiten. Besonders gefährdet durch die Kermesbeere sind Katzen und Nagetiere. Während Katzen ihre Umgebung über das Ankauen von Blättern erkunden und sich dadurch vergiften, halten Nagetiere die Beeren und Blätter für Nahrung. Gerade die Beeren sind für Meerschweinchen, Hamster oder Maus gefährlich. Bei Verdacht auf eine Vergiftung kontaktieren Sie umgehend Ihren Tierarzt.

Kaninchen kommt aus Versteck

Tipp: Da die Kermesbeere Saponine enthält, sollten Sie unbedingt darauf achten, dass Ihre Fische nicht in Kontakt damit geraten. Saponine jeder Art sind hochgiftig für Fische und Weichtiere, was Sie beachten sollten, wenn Sie einen Gartenteich haben.

Essbar unter bestimmten Voraussetzungen

Trotz der oben genannten Eigenschaften als Giftpflanze wurden die Arten der Gattung nicht nur als Färbemittel oder zur Schneckenbekämpfung eingesetzt. Während in Asien die Blätter von Phytolacca acinosa als Gemüse gekocht wurden, fanden in den USA südlich der Appalachen die Blätter und Triebe als Nahrungsmittel Verwendung. Um sich nicht zu vergiften, wurden diese Pflanzenteile früher auf die folgende Weise zubereitet:

  • Blätter werden dreimal gekocht
  • zwischen jedem Kochgang abgespült
  • dafür wird ausschließlich frisches Wasser verwendet
  • Stiele werden nur von Jungpflanzen verzehrt
  • diese vorher von der violetten Haut befreien
  • in kleine Stücke schneiden
  • in Öl braten

Das Aroma der Blätter erinnert an Spinat, während die Stiele ähnlich wie Spargel schmecken sollen. Jedoch kann es vor allem bei den Blättern schnell zu Vergiftungserscheinungen kommen, wenn diese nicht oft genug gekocht oder abgespült wurden. Daher wird es nicht empfohlen, diese überhaupt zu essen, da eine falsche Zubereitung sogar Erwachsene vergiften kann. Die Beeren werden nicht verzehrt, da diese kein genießbares Aroma haben und auf Dauer zu einer Vergiftung durch Oxalsäure führen. Zwar wird diese durch das Abkochen zerstört, jedoch macht sich aufgrund des Aromas niemand die Mühe dafür.

Kermesbeere Phytolacca

Tipp: Die äußerst giftigen Wurzeln werden von niemandem als Nahrungsmittel verzehrt, finden aber noch heute Verwendung in der Volksmedizin. Jedoch sollte dies komplett unterlassen werden, da selbst kleine Mengen schnell zu den oben genannten Symptomen führen.

Quellen:

https://gizbonn.de/giftzentrale-bonn/pflanzen/kermesbeere

Hinweis: Bitte beachten Sie, dass dieser Beitrag keinesfalls einen Arztbesuch ersetzt. Es besteht keine Gewährleistung auf Richtigkeit medizinischer Aussagen.

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