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Ameisen: Waldameisen umsiedeln in 5 Schritten

Waldameisen umsiedeln - Titel

Für die Standortverlegung besonders geschützter Waldameisen bündeln Hobbygärtner und Ameisen-Experten ihre Kräfte. Dieser Ratgeber erklärt praxisbezogen und nachvollziehbar, wie Sie Waldameisen in 5 Schritten richtig umsiedeln.

Video-Tipp

Auf den Punkt gebracht

  • Erster Schritt: Antragstellung bei der Naturschutzbehörde für eine artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung zur Umsiedlung von Waldameisen
  • Zweiter Schritt: Neustandort wählen in mindestens 300 Metern Entfernung vom bisherigen Ameisen-Nest
  • Dritter Schritt: Termin planen für Mitte März bis Ende Mai (spätestens Mitte Juli) während der Sonnung am frühen Vormittag
  • Vierter Schritt: Waldameisen innerhalb eines Tages umsiedeln unter besonderer Achtsamkeit für die Königin mit Startfütterung am Neustandort
  • Fünfter Schritt: innerhalb einer Woche restliche Ameisen einfangen und ebenfalls umsiedeln zum neuen Nest

Waldameisen stehen unter Naturschutz

Seit mehr als 200 Jahren stehen Waldameisen unter Schutz. In 2005 wurden die Bestimmungen gemäß § 44 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) nochmals verschärft, indem die verschiedenen Arten der Waldameise (Formica) in die Kategorie besonders geschützter Tiere aufgenommen wurden.

Die gesetzlichen Bestimmungen legen unter anderem folgende Grundregeln fest:

  • verboten ist, Waldameisen, Eier, Larven und Puppen zu fangen und zu töten
  • verboten ist, deren Nester zu beunruhigen, aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören
Rote Waldameise (Formica rufa), Ameisenarten
Quelle: Richard Bartz, Munich Makro Freak, A Formica rufa sideview, Bearbeitet von Plantopedia, CC BY-SA 2.5

Verstöße gegen die Artenschutzbestimmungen werden mit empfindlichen Geldbußen geahndet von bis zu 50.000 Euro. Gleichwohl hat der Gesetzgeber ein offenes Ohr für Konfliktsituationen. Waldameisen treffen mitunter eine Wohnsitzwahl, die für Hobbygärtner mit unzumutbaren Belastungen verbunden ist. Das Bundesnaturschutzgesetz zeigt mit Ausnahmeregelungen Verständnis, wenn eine friedliche Koexistenz von Mensch und Ameise nicht möglich ist. Gestattet sind Not- und Rettungsumsiedlungen bedrohter Waldameisenvölker nachdem wichtige Prämissen beachtet wurden. Hierzu zählen eine Ausnahmegenehmigung durch die Obere oder Untere Naturschutzbehörde sowie die Einbeziehung eines zertifizierten Ameisenhegers. Ist den gesetzlichen Vorgaben Genüge getan, kann der Standortwechsel in Angriff genommen werden. Lesen Sie in den folgenden Abschnitten, wie Sie ein Waldameisenvolk in 5 Schritten vorbildlich umsiedeln.

Hinweis: Bester Zeitpunkt für die Umsiedlung von Waldameisenvölkern ist ein Termin zwischen Mitte März und Mitte Juli. Ab August bis Ende Oktober verbleibt den Ameisen zu wenig Zeit, ein neues Nest anzulegen und sich die nötigen Fettreserven für den Winter anzufressen. In der Ruhephase von November bis Februar verbietet sich ein Standortwechsel von selbst.

Antragstellung

Vor der Antragstellung auf eine Ausnahmegenehmigung, dass Sie Waldameisen umsiedeln dürfen, sollte insofern eine Prüfung der Situation erfolgen. Wahlweise übernimmt diese Prüfung ein zertifizierter Experte aber auch eine zertifizierte Expertin oder die zuständige Naturschutzbehörde. Der Antrag selbst bedarf keiner besonderen Form. Für eine artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung sind folgende Angaben mindestens erforderlich:

  • Welche Insektenart soll umgesiedelt werden?
  • Lage des Nestes auf dem Grundstück beziehungsweise am Haus
  • Begründung für den Standortwechsel
  • Terminvorschlag für die Umsiedlung
  • Name und Anschrift des einbezogenen Ameisenhegers

Für Antragstellung und Genehmigungsverfahren fallen jedoch bei der Oberen oder Unteren Naturschutzbehörde keine Gebühren an.

Neustandort festlegen

Der neue Heimat-Standort des Waldameisenvolkes sollte diese Kriterien erfüllen, damit sich Königin und Arbeiterinnen wohlfühlen:

  • mindestens 300 m vom bisherigen Standort entfernt
  • weitgehend ähnliche Bedingungen, wie am Altstandort
  • größtenteils frei von anderen geschützten und seltenen Insektenarten
  • ausreichende Nahrungsquellen
  • keine Holzlagerplätze oder Schuppen in unmittelbarer Umgebung

Fernerhin sollte der neue Standort für das Nest so gewählt sein, dass sich ein kundiger Ameisenheger um die Nachbetreuung kümmern kann.

Termin planen

Die Terminwahl für eine Umsiedlung ist jedoch von entscheidender Bedeutung für einen erfolgreichen Abschluss des Projektes. Die Ameisen-Königin muss unversehrt geborgen werden, denn ohne seine Königin stirbt das gesamte Waldameisenvolk unweigerlich ab. Alljährlich sind Königinnen lediglich zur Zeit der Sonnung im oder sogar auf dem Nesthügel schonend zu erhaschen. Abhängig von der Wetterlage ist dies ein sonniger Vormittag während der Monate März/April bis Mai/Juni. In dieser Phase halten sich die meisten Arbeiterinnen ebenfalls nicht im Erdboden, sondern im oder auf dem Nesthügel auf.

Diese Rahmenbedingungen sind ideal, wenn Sie Waldameisen mustergültig umsiedeln:

  • trockene, frostfreie Witterung
  • frühe Morgenstunden, kurz nach Sonnenaufgang
  • wichtig: regenfreie, warme Großwetterlage für mindestens 2 bis 3 Tage zwecks Neuaufbaus des Nesthügels

Wenn Sie ein Waldameisenvolk während der Sonnungsphase umsiedeln, profitieren Sie von einem weiteren, wichtigen Vorteil. Es ist lediglich das lockere Nesthügel-Material zu bergen sowie gegebenenfalls ein Teil der flachen Bodenschicht mitsamt den Arbeiterinnen. Außerhalb der Sonnungsperiode im Frühjahr befinden sich Königin und Arbeiterinnen in der Regel in tieferen Bodenschichten. Das birgt die große Gefahr, dass die Königin bei Grabungsarbeiten unabsichtlich getötet wird.

Praktische Durchführung

Im Anschluss an die Vorbereitungsphase mit Antragstellung und Terminwahl, widmen Sie sich mit Unterstützung durch den Ameisenheger der praktischen Durchführung des ehrgeizigen Umsiedlungsprojektes. So machen Sie es richtig:

Materialbedarf und Werkzeuge

  • Gummistiefel, lange Hosen, langärmeliges Oberteil, idealerweise Schutzbrille
  • Schaufel, Spaten, Schottergabel
  • Säge oder Beil für Baumwurzeln
  • atmungsaktive, ausbruchsichere Transportbehälter (z. B. Tonnen mit luftdurchlässigem Deckel, saubere Papiersäcke)

Wenn Sie Ameisen schonend und lebend umsiedeln wollen, sind Großmaschinen tabu. Schaufelbagger oder Ballenumsetzer kann selbst ein geübter Baggerführer niemals so sensibel manövrieren, dass die schützenswerten Krabbler den Einsatz unversehrt überstehen. Schlimmstenfalls gerät die Königin unter die Räder und das gesamte Projekt ist zum Scheitern verurteilt.

Vorgehensweise

Keine Umsiedlung von Waldameisen gleicht der anderen. Lokale Rahmenbedingungen, Nestgröße, Nestzustand und weitere Kriterien entscheiden für die konkrete Vorgehensweise. Stattdessen bestimmen folgende Aspekte über einen erfolgreichen Ablauf der Arbeiten.

Das ist zu beachten, wenn Sie Waldameisen umsiedeln:

  • Augenmerk richten auf die Königin und in gesondertem Behälter transportieren
  • Transportbehälter mit Ameisen gut belüften (Kunststoffgaze als Deckel) und vor direkter Sonneneinstrahlung schützen
  • Waldameisenvolk vorzugsweise an einem Tag umsiedeln von bisherigem zum neuen Standort
  • wichtig: Startfütterung am neuen Ameisen-Domizil
  • neuen Standort kartieren

Als Startfütterung eignen sich feinkörniger Haushaltszucker aber auch Apifonda Bienenfutterteig. Um das umgesiedelte Ameisennest wird mit Zucker einfach ein Ring gezogen. Die fleißigen Arbeiterinnen kümmern sich darum, das Futter ins Nest einzubauen.

Nachsorge

Mit einer Umzugsaktion ist es in der Regel nicht getan. Am bisherigen Standort verbliebene Arbeiterinnen machen sich unverzüglich an einen neuen Nestbau. In der ersten Woche nach dem Umsiedeln der Waldameisen sollte daher der Altstandort kontrolliert werden, um Nachzügler einzufangen und in den Schoss der Ameisenfamilie zurückzuführen.
Im Rahmen einer langfristigen Nachsorge stattet der beteiligte Ameisenheger dem umgezogenen Nest wiederholt einen Besuch ab. Überprüft werden Aspekte, wie die Nahrungssituation und die Annahme des neuen Standortes. Im Mai oder Juni des Folgejahres kontrolliert der Experte, ob sich die Vermehrung im Nest fortsetzt. So signalisiert das Umhertragen von Puppenhüllen, dass sich tatsächlich eine oder mehrere Königinnen darin aufhalten und Eier legen.

Häufig gestellte Fragen

Wie finde ich zertifizierte Ameisenheger für eine Umsiedlung?

Der Bundesverband der Deutschen Ameisenschutzwarte (DASW) betreibt zahlreiche Landesverbände, die eigene Verbandszeitschriften herausgeben in vierteljährlichen Intervallen. In diesen Zeitschriften werden geplante Umsiedlungen veröffentlicht, woraufhin sich in Standortnähe angesiedelte Ameisenheger*innen bei Ihnen melden. Redaktionsschluss ist Mitte Dezember, damit die Rettungsumsiedlung rechtzeitig in der ersten Ausgabe erscheinen kann. Alternativ fragen Sie bei Ihrer zuständigen Naturschutzbehörde nach einer Kontaktvermittlung zum nächstgelegenen Ameisen-Experten.

Kann man ein Waldameisennest auch außerhalb vom Wald umsiedeln?

Ja, das ist möglich. Waldameisenvölker halten sich nicht immer an ihren Namen, sondern leben auch außerhalb von Waldgebieten. Paradebeispiel ist die weit verbreitete Wiesenwaldameise (Formica pratensis), die ihre großen Erdnester mit der markanten Erdkuppel gerne in dicht bewachsenen Wiesen anlegt.

Was kostet die Umsiedlung von Waldameisen?

Die Deutsche Ameisenschutzwarte veranschlagt durchschnittlich etwa 800 Euro, wenn Sie ein Waldameisenvolk umsiedeln wollen. Darin enthalten sind 150 Euro für Vorbereitungsarbeiten und Fahrtkosten. Die Umsiedlung selbst schlägt mit etwa 340 Euro zu Buche für 12 Arbeitsstunden zu je 17,50 Euro zuzüglich Fahrtkosten und Startfutter. Für die wichtige Nachsorge im letzten Schritt der Umsiedlung ist mit insgesamt 310 Euro zu rechnen für 4 Kontrollen mit jeweils 3 Stunden Dauer sowie entsprechenden Fahrtkosten.

Autor
Maria liebt die exotische Pflanzenwelt. Neben ihrem Zitronenbaum "John Lemon" findet man bei ihr Zuhause unter anderem auch ein Avocado-Bäumchen und eine Ananas-Pflanze.
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