Apfelbaum schneiden: Anleitung für alle Schnittarten
Der Kulturapfel (Malus domestica) bildet seine Blätter hauptsächlich an den einjährigen Trieben. Diese stellen sicher, dass der Apfelbaum ausreichend Energie bekommt und somit eine reiche Ernte produzieren kann. Ab dem zweiten Jahr entwickeln sich an diesen Trieben Blütenknospen. Dieses Wissen bildet die Basis der jährlichen Schnittmaßnahmen. Werden sämtliche einjährige Triebe entfernt, fällt auch die Ernte geringer aus. Das gezielte Schneiden ausgewählter Äste ist daher von großer Bedeutung.
Inhaltsverzeichnis
Der richtige Zeitpunkt
Wann Sie einen Apfelbaum schneiden müssen, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Schnittmaßnahmen, die während der Wintermonate stattfinden, erlauben dank der fehlenden Blätter einen guten Überblick über die vorhandenen Äste. Die meisten Apfelbäume vertragen einen Winterschnitt bis Temperaturen von -5 °C ohne Probleme. Wenn die neue Vegetationsperiode einsetzt, kann der Apfelbaum seine gesamte Energie in die Ausbildung neuer Triebe stecken. Der Winterschnitt dient der Wachstumsanregung, während ein Sommerschnitt die Wachstumsgeschwindigkeit bremst. Da der Baum einen Großteil seiner Photosyntheseflächen verliert, sind formende Schnitte für den Sommer ausreichend.
Der Zeitpunkt richtet sich nach diesen Faktoren:
- Winterruhe: zwischen Januar und April verträgt der Baum Schnittmaßnahmen
- Frost: einen Tag wählen, an dem keine Frostgefahr besteht
- Wachstumsschübe: sommerliche Formschnitte, sobald Schösslinge auftreten
- Brutzeit: aus Naturschutzgründen nicht schneiden, wenn Vögel in der Krone brüten
Benötigtes Schnittwerkzeug
Wichtig ist beim Apfelbaum schneiden, dass die Klingen eine glatte Schnittwunde hinterlassen. Dadurch finden Krankheitserreger oder Pilzsporen keine Eintrittspforte in das Holz. Um eine Infektion vorzubeugen, sollten Sie die Klingen gründlich reinigen und vor jeder Maßnahme desinfizieren.
Welches Werkzeug Sie verwenden, hängt von der Aststärke ab:
- Triebe bis zwei Zentimeter im Durchmesser mit Gartenschere kappen
- bis vier Zentimeter dicke Äste mit einer Astschere schneiden
- Äste mit mehr als vier Zentimeter Durchmesser mit einer Säge bearbeiten
Je älter der Baum wird, desto prächtiger und höher entwickelt sich seine Krone. Eine standfeste Klappleiter gehört daher zur Grundausstattung eines jeden Hobbygärtners. Mit einer Teleskop-Baumschere können Sie Äste bis in eine Höhe von vier Meter beschneiden.
Schnittmaßnahmen nach Altersgruppen
In den ersten Wachstumsjahren sind regelmäßige Schnittmaßnahmen notwendig, damit der Baum eine reichtragende Krone entwickelt. Bis zur ersten Ernte ist Geduld gefragt, doch durch die regelmäßigen Schnitte beschert Ihnen Ihr Baum über viele Jahre qualitativ hochwertige Äpfel. Je häufiger Sie den Baum schneiden, desto geringer wird der Umfang der einzelnen Schnittmaßnahmen.
Diese Schnitte erfährt ein Baum während seines Lebens:
- Pflanzschnitt direkt nach der Pflanzung
- Erziehungsschnitt zwischen dem zweiten und vierten Standjahr
- teilweise benötigen Gehölze bis zum zwölften Standjahr erziehende Schnitte
- Erhaltungsschnitt beginnt ab dem sechsten Jahr
- Verjüngungsschnitt für Bäume ab dem zwölften Jahr sinnvoll
Pflanzschnitt
Diese Schnittmaßnahme dient zum Aufbau einer tragfähigen Krone, die gute Erträge bringt. Mit diesem Schnitt Legen Sie die zukünftige Form des Apfelbaums fest. Bestimmen Sie einen starken Mitteltrieb, der die Basis der späteren Krone bildet, und drei bis vier leitende Seitentriebe für das Kronengerüst. Diese stehen idealerweise in einem Winkel zwischen 45 und 60 Grad zum Haupttrieb, damit sie nicht unter dem Gewicht der späteren Krone brechen. Die Tragäste sollten in einem regelmäßigen Abstand rund um den Mitteltrieb angeordnet sein. So erhalten Sie eine Pyramidenform, welche am ehesten dem natürlichen Baumwuchs ähnelt.
Diese Form erhalten Sie, wenn Sie diese Regeln befolgen:
- schwache Äste auf die Hälfte kürzen
- ein Drittel der seitlichen Äste abschneiden
- direkt über einer Knospe schneiden
- Abzweigungen der Leitäste bis zum Astring kappen
- dünne und ungeeignete Triebe direkt am Stamm absägen
Hinweis: Der Mitteltrieb wird soweit eingekürzt, dass die Form der Krone eine Pyramide ergibt. Der Winkel ihrer Spitze sollte zwischen 90 und 120 Grad liegen, damit der Baum später waagerechtes Fruchtholz entwickelt.
Erziehungsschnitt
Der junge Apfelbaum wird in den nächsten Jahren weiter getrimmt, sodass er seine Krone in der gewünschten Form verdichten kann. Dazu ist es wichtig, dass Konkurrenztriebe vollständig entfernt werden. Somit bekommt der frische Austrieb mehr Licht und kann sich besser entwickeln. Wassertriebe sind ebenfalls nicht erwünscht und werden zugunsten der gerüstbildenden Äste und ihrer flach wachsenden Seitentriebe entfernt.
So gehen Sie vor:
- Mitteltrieb um drei Viertel des Jahreswachstums einkürzen
- Triebe, die nach Innen wachsen, beseitigen
- störende Äste beseitigen, die nicht zur Kronenbildung beitragen
- Zuwachs an den gerüstbildenden Ästen um ein Drittel kürzen
Tipp: Sie können die Leitäste mit einem Kokosstrick herunterbinden, sodass eine fast waagerechte Stellung entsteht. Dadurch verlangsamt sich das Wachstum und die Leittriebe müssen im nächsten Jahr nicht mehr geschnitten werden.
Wassertriebe erkennen
Als Wassertriebe werden die steil nach oben wachsenden Äste bezeichnet, die sich meistens im Kroneninneren entwickeln. Häufig entwickeln ältere Apfelbäume zahlreiche Wassertriebe, wenn sie über einen längeren Zeitraum nicht geschnitten wurden. Sie weisen eine deutlich hellere Rinde auf und haben weicheres Holz als die übrigen Äste. Diese Steiltriebe haben keinen Wert für die Kronenbildung und können bei ihrem Auftreten vollständig entfernt werden.
Erhaltungsschnitt
Erhaltungsschnitte werden im Abstand von drei bis fünf Jahren durchgeführt, damit der Baum seine Krone behält. Sie dienen dazu, altes Fruchtholz zu verjüngen und fruchttragende Triebe zu revitalisieren. Abgestorbene Äste werden entfernt, sodass der Baum zum Neuaustrieb animiert wird. Die Krone hat sich im Laufe der Jahre gut verzweigt, sodass zahlreiche Wasserschosse entstanden sind. Diese müssen ebenfalls ausgelichtet werden, damit sich die belaubten Äste nicht gegenseitig beschatten.
So bekommt der Apfelbaum neue Kraft:
- Totholz vollständig entfernen
- Steiltriebe und nach innen wachsende Äste an der Basis schneiden
- diagonal wachsende Zweige verschonen
Nach dieser Schnittmaßnahme sollte Ihr Apfelbaum eine ausgewogene und lichtdurchflutete Krone besitzen. Achten Sie auf ein Gleichgewicht zwischen dem tragenden Gerüst und dem waagerechten Fruchtholz. Dieses sollte im Durchmesser etwa halb so dick sein wie der Querschnitt der tragenden Leittriebe. Wann Sie die Maßnahme durchführen, hängt von den Witterungsbedingungen ab. Wählen Sie einen frostfreien Tag im Spätwinter, denn zu diesem Zeitpunkt können Sie die Blütenknospen bereits gut erkennen und verschonen.
Tipp: Beobachten Sie genau, wie sich der Apfelbaum nach dem Schneiden entwickelt. So können Sie Schlüsse für die nächste Schnittmaßnahme ziehen und leichter entscheiden, welcher Ast weichen muss.
Fruchtholz ableiten
Fruchtholz wächst in der Jugendphase aufrecht, bis es blüht und Früchte trägt. Unter dieser Last neigt sich das Holz zum Boden und der Ast entwickelt neue aufwärts gerichtete Triebe. An den herabhängenden Ästen sind keine Früchte mehr zu erwarten, sodass sie dem Apfelbaum Energie rauben. Mit dem Fruchtholzschnitt wird der vergreiste Zweig auf das junge Holz abgeleitet.
Diese Maßnahme wird im Rahmen des Erhaltungsschnitts durchgeführt und bewirkt eine Verjüngung:
- deutlich herabhängende Äste identifizieren
- Altholz bis zum Ansatz verfolgen, an dem junges Fruchtholz aufwärts strebt
- Schnittwerkzeug am Verzweigungspunkt ansetzen
- einige Millimeter des alten Triebs stehen lassen, um das junge Fruchtholz nicht zu verletzen
Sommerschnitt
Ein Schnitt ab dem 24. Juni sorgt dafür, dass der Apfelbaum nicht unkontrolliert wächst. Gegen Ende Juni legen die Bäume eine kurze Wachstumsphase ein, um anschließend erneut auszutreiben. Der Sommerschnitt dämmt diese Triebbildung ein und fördert die Entwicklung der Früchte. Dieser Pflegeschnitt während der Sommermonate hat sich vor allem bei älteren Exemplaren bewährt, bei denen die Qualität und Größe der Früchte in den Vordergrund rückt. Wann Sie die Pflegemaßnahme durchführen, hängt davon ab, ob sich Vögel zum Brüten in der Krone niedergelassen haben. Wenn das der Fall ist, sollten Sie den Baum aus naturschutzrechtlichen Gründen erst nach der Brutsaison schneiden.
Gehen Sie beim Schnitt folgendermaßen vor:
- Steiltriebe und nach Innen wachsende Äste entfernen
- störende und kranke Äste sowie Wildtriebe an der Stammbasis kappen
- waagerechtes Frischholz verschonen
- Fruchtansätze in einem Abstand von drei Zentimeter selektieren
- beschädigte und übermäßige Früchte abschneiden
Verjüngungsschnitt
Wenn Sie den Erhaltungsschnitt versäumt haben, neigt die Krone zum Vergreisen. Nach einigen Jahren hat sich ein lichtundurchlässiges Gebilde entwickelt, welches von Innen verkahlt. Fruchttriebe hängen stark über und bilden keine Äpfel mehr, da ihnen die Kraft fehlt. In diesem Fall ist ein Verjüngungsschnitt zwischen November und Februar ratsam, um den Baum wieder auf Vordermann zu bringen und zu revitalisieren:
- Totholz und kranke Triebe radikal entfernen
- gerüstbildende Leittriebe neu bestimmen und um die Hälfte einkürzen
- sämtliche übrigen Äste bis auf den Astring zurückschneiden
- bei Bedarf Ableitungsschnitt anwenden
Stark aus der Form geratene Bäume können in mehreren Etappen über die kommenden zwei bis drei Jahre verjüngt werden. Auf diese Weise verkraftet der Altbaum die radikalen Schnittmaßnahmen besser. Sie können den neuen Austrieb besser kontrollieren und in die gewünschte Form bringen.
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