Wundverschluss: so verschließen Sie große Baumwunden
Wurde ein großer Ast abgesägt wurde oder die Borke erheblich beschädigt – beispielsweise durch Wildverbiss – sollten Sie den Wundrand mit einem scharfen Messer glätten und mit einem Verschlussmittel behandeln. Diese Hausmittel sind zum Wundverschluss geeignet.
Auf den Punkt gebracht
- Wundverschluss bei Schnittverletzungen nur im Ausnahmefall anbringen
- Selbstheilungskräfte des Baumes stärken, z. B. durch Pflanzenjauchen
- nur mit scharfen und desinfizierten Schnittwerkzeugen arbeiten
- Wunden nachschneiden und glätten
- gegebenenfalls Lehmpackung aus Lehm, Algenkalk, Holzasche und Schachtelhalmbrühe auftragen
Inhaltsverzeichnis
Wundverschluss kann schaden
Schon seit den 1980er Jahren ist dank der Forschungen des amerikanischen Forstwissenschaftlers Alex Shigo bekannt, dass der luftdichte Verschluss von Schnittwunden an Bäumen eher Schäden verursacht, als wenn man auf die Selbstheilungskräfte der Pflanzen vertraut. Hierfür gibt es eine ganze Reihe von Gründen:
- Störung des natürlichen Selbstheilungsprozesses durch Fremdstoffe
- Einschließen von Pilzen, Bakterien und anderen Krankheitserregern durch Wundverschluss
- dadurch Begünstigung einer Infektion
Deshalb wird mittlerweile dazu geraten, Schnittwunden an Gehölzen nicht mehr mit einem luftdicht verschließenden Wundmittel zu behandeln und stattdessen auf diese Maßnahmen zu achten:
- Schnittwerkzeuge vor Anwendung gründlich schärfen
- Reinigung und Desinfektion der Schnittwerkzeuge vor und nach jedem Einsatz
- keine fransigen Wundränder hinterlassen, diese sorgfältig ausschneiden und glätten
- keine Aststümpfe u. ä. stehenlassen
- bei Frost oder Regen kein Rückschnitt
Hinweis: Ein Baumschnitt bei Frost ist deshalb gefährlich, weil die Kälte in das Holz eindringen und hier Schäden, beispielsweise durch Dehnungs- oder Spannungsrisse, verursachen kann. Regen wiederum kann Pilzsporen in frische Schnittwunden eintragen und so eine Infektion begünstigen.
Wann ist Wundverschluss sinnvoll?
Dennoch ist es in manchen Fällen sinnvoll, größere Schnittwunden an Bäumen zu behandeln. In folgenden Fällen sollten Sie zu einem geeigneten Wundverschlussmittel greifen:
- sehr großen oder großflächigen Wunden (z. B. nach Abtrennen eines großen Astes mittels Säge)
- Rückschnitt im Spätherbst oder Winter
- geschwächten oder kranken Bäumen
- falsch ausgeführten Schnitten und / oder ungeeignetem Schnittwerkzeug (z. B. Rückschnitt mit stumpfen Messern oder Sägen, die zu ausgefransten Schnittwunden führen)
Vor allem viele Obstbäume werden in der kalten Jahreszeit zurückgeschnitten, was jedoch den Nachteil einer fehlenden Selbstheilung mit sich bringt: In der Winterruhe kann der Baum die Wunden nicht selbst mit dem so genannten Kambium – also neu gebildetem Holz – verschließen. Hier müssen Sie mit einem geeigneten Mittel nachhelfen. Das gilt vor allem dann, wenn das Wetter feucht ist oder Minusgrade drohen.
Auch bereits geschwächte oder kranke Bäume müssen nach einem Rückschnitt versorgt werden, da deren Selbstheilungskräfte begrenzt und sie anfälliger für Infektionen oder auch einen Schädlingsbefall sind.
Tipp: Stärken Sie die Selbstheilungskräfte des Baumes, indem Sie ihn während der Vegetationsperiode regelmäßig mit selbst hergestellten Pflanzenbrühen (z. B. aus Brennnessel, Rainfarn, Ackerschachtelhalm) gießen.
Geeignete Hausmittel
Baumwachs und Co. aus dem Handel können Sie getrost liegen lassen. Die folgenden Hausmittel eignen sich viel besser für die Behandlung von größeren Schnittwunden an Gehölzen, zumal sie weiterhin Luft ans Holz lassen und ihre Inhaltsstoffe gegen Pilze und andere Krankheitserreger wirken. Achten Sie bei der Wundversorgung darauf,
- die Schnittwunden vorher sorgfältig auszuschneiden und zu glätten
- sauber zu halten
- nicht mit den bloßen Fingern zu berühren
- lediglich die Ränder mit dem Wundverschlussmittel zu behandeln
Die Mitte der Wundfläche sollte hingegen idealerweise offenbleiben.
Tipp: Verwenden Sie möglichst kein Baum-, Bienen- oder Kerzenwachs als Wundverschlussmittel! Diese verhindern ein späteres Überwallen der Wundfläche mit Kambium, so dass eine Heilung nicht möglich ist. Auch Holz- oder Baumteer eignet sich nur bedingt, da dieser viel zu lange zum Aushärten braucht.
1. Lehm oder Lehmbrühe
Vermischen Sie 10 Teile lehmige Erde oder Lehmpulver aus dem Fachhandel mit einem Teil Algenkalk und einem Teil Holzasche sowie mit etwas frischer, verdünnter Schachtelhalmbrühe zu einem sämigen Brei. Statt der Holzasche können Sie auch Gesteinsmehl verwenden. Lassen Sie die Mischung ca. 12 Stunden aufquellen und verstreichen Sie sie anschließend auf die frischen Schnittwunden. Dieser Anstrich kann im Winter auch als Stammanstrich verwendet werden, da er vor zu viel Sonne sowie vor dem Einnisten von Schädlingen schützt.
2. Holzkohlepulver
Holzkohlepulver oder auch Holzasche haben eine antiseptische sowie antibakterielle Wirkung und können daher mögliche Infektionen verhindern. Herstellen können Sie das Hausmittel ganz einfach durch Zerkleinern im Mörser. Alternativ legen Sie die Kohle in eine Tüte und zerschlagen Sie mit einem Hammer. Anschließend sieben Sie die feinen Partikel aus. Rühren Sie das Pulver mit etwas Schachtelhalmbrühe an, so dass ein zäher Brei entsteht. Dieser wird zum Wundverschluss sofort mit Hand auf die frischen Schnittwunden aufgetragen und mit den Fingern angedrückt.
Hinweis: Nur an trockenen Tagen anwenden, da das Pulver sonst abgespült oder weggeweht werden kann.
3. Kuhmist
So mancher alte Gärtner schwört beim Wundverschluss zudem auf mit Kuhmist vermischten Lehm. Die daraus entstehende Schicht schützt zum einen vor Kälte und beugt zum anderen einer Austrocknung des Gewebes vor. Die Kuhfladen führen den Schadstellen zudem wertvolle Nährstoffe zu und beschleunigen so die Regeneration Hierzu können Sie der Grundmischung aus dem ersten Punkt noch ein Teil Kuhmist hinzufügen oder aber zwei Teile Lehm mit einem Teil Kuhmist und einem Teil Gesteinsmehl vermengen.
Häufig gestellte Fragen
Tatsächlich verfügen gesunde Bäume über einen eigenen Wundverschluss: Mit dem so genannten Kallus, so wird das sich neu bildende Wundgewebe genannt, überwallt das Gehölz Totholz oder verwundete Gewebestellen wie beispielsweise abgebrochene oder abgeschnittene Äste. So werden Baumwunden auf ganz natürliche Weise verschlossen, zudem entsteht ein Schutz vor verschiedenen Krankheitskeimen.
Wie die Haut das Innere des Menschen schützt, so bewahrt die Rinde das Bauminnere vor schädlichen Umwelteinflüssen und Krankheitskeimen. Kommt es zu großflächigen Rindenverletzungen, etwa durch Wildverbiss oder winterlichen Frostschäden, ist das darunter liegende Holz freigelegt und so ungeschützt vor eindringenden Bakterien und Pilzen. Aus diesem Grund sollten nicht nur größere Schnittwunden, sondern auch Rindenverletzungen abgedeckt werden.
Bei großflächigen Rindenverletzungen sollten Sie daher einen Verband anlegen: Verteilen Sie Lehmbrühe oder eine Lehmpackung auf die offenen Stellen und umwickeln Sie die betroffene Stammstelle mit schwarzer Folie oder Jutestoff. Befestigen Sie diese mit einem Wickelbank. Lassen Sie die Packung so mehrere Monate an Ort und Stelle und sorgen Sie zudem dafür, dass der Baum mit Kompost und Brennnesseljauche gestärkt wird.